Workshop mit Arbeiterinnen zum Dindigule-Akommen der TTCU
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Bündnisinitiative zur Ausweitung des Dindigul-Abkommens: Gemeinsam gegen geschlechtsspezifische Gewalt in der Textilindustrie

Die Textilindustrie in Indien steht vor enormen strukturellen Herausforderungen, insbesondere wenn es um die Arbeitsbedingungen von Frauen geht. Trotz zahlreicher gesetzlicher Änderungen und vielversprechender Programme bleiben die Arbeitsbedingungen für weibliche Beschäftigte problematisch. Vor allem sexueller Missbrauch und Belästigung am Arbeitsplatz sowie auf dem Weg zur Arbeit sind nach wie vor alltäglich. Das Dindigul-Abkommen, dessen Ausweitung FEMNET im Rahmen einer Bündnisinitiative unterstützt, will dies ändern.

Das Dindigul-Abkommen

Das sogenannte Dindigul-Abkommen stellt ein Leuchtturmvorhaben im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt dar. Es wurde 2022 von der Dalit-Frauen-Gewerkschaft TTCU (Tamil Nadu Textile and Common Labor Union), dem Zulieferer Eastman Exports, internationalen Unternehmen sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen im Bundesstaat Tamil Nadu in Indien unterzeichnet.

Das Abkommen ist ein enforceable brand agreement (EBA) und besteht aus zwei ineinandergreifenden Verträgen, die beide rechtsverbindlich sind. Der erste ist zwischen TTCU und dem Zulieferer Eastman Exports: Diese beiden Parteien haben sich vertraglich verpflichtet, geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung in allen teilnehmenden Eastman-Einrichtungen in der Region Dindigul - Fabriken, Wohnheime, Spinnereien, Druckereien und Ausbildungszentren - zu beenden. Der zweite ist ein Vertrag zwischen TTCU, der Asia Floorwage Alliance (AFWA) und der US-amerikanischen NGO Global Labor Justice - International Labor Rights Forum (GLJ-ILRF) auf der einen Seite und den Unternehmen H&M, GAP und PVH auf der anderen Seite. Diese Vereinbarung verpflichtet die unterzeichnenden Unternehmen dazu, die TTCU-Eastman-Vereinbarung zu unterstützen und durchzusetzen und ihrem Zulieferer Eastman geschäftliche Konsequenzen aufzuerlegen, wenn sie sich nicht daranhalten.

Das Dindigul-Abkommen in Kurzform:

  1. Gewerkschaftsrechte und Partizipation: Das Abkommen stärkt die Rechte der Gewerkschaften und fördert ihre aktive Beteiligung an der Gestaltung und Umsetzung von Arbeitsstandards in den Fabriken.
  2. Einrichtung von Beschwerdemechanismen: Es legt die Schaffung wirksamer Mechanismen zur Meldung von Missbrauchsfällen und Belästigungen am Arbeitsplatz fest, nach Vorbild des AFWA Safe Circles Approachs, einschließlich der Einrichtung von internen Beschwerdeausschüssen (ICC).
  3. Regelmäßige Schulungen: Die Gewerkschaft TTCU erhält Zugang zum Fabrikgelände, um alle Manager, Vorgesetzten und Arbeiter*innen zu Schulungen über geschlechtsbezogene Gewalt und Belästigung sowie ihre Rechte und Pflichten gemäß dem Dindigul-Abkommen zu schulen. Die Teilnahme erfolgt während der normalen Arbeitszeiten bei voller Bezahlung.
  4. Einbindung von Dalit-Frauen: Es legt Wert darauf, Frauen aus der untersten Kaste Dalit, die besonders stark von Diskriminierung betroffen sind, in Führungspositionen zu bringen und ihnen die gleichen Chancen wie Frauen aus anderen Kasten zu bieten.
  5. Engagement der Marken: Die teilnehmenden Unternehmen verpflichten sich, das Abkommen zu unterstützen und sicherzustellen, dass ihre Zulieferer die vereinbarten Standards einhalten.

Bündnisinitiative zur Ausweitung des Dindigul-Abkommens

Im Rahmen einer Bündnisinitiative „Advancing Worker-Led Agreements on Gender Justice“ des Bündnisses für nachhaltige Textilien ist FEMNET an der Ausweitung des Dindigul-Abkommens beteiligt. Gemeinsam mit den Projektpartnern TTCU, AFWA, GLJ-ILRF und durch Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH arbeiten wir daran, das Dindigul-Abkommen auf weitere Unternehmen und Produktionsstandorte auszudehnen.

Unser Ziel ist es, geschlechtsbezogene Gewalt und Belästigung zu beenden und diskriminierende Praktiken in weiteren teilnehmenden Fabriken zu bekämpfen. Mit dem Ziel, mindestens ein, idealerweise zwei Unternehmen des Textilbündnis für die Unterzeichnung einer ähnlichen Vereinbarung zu gewinnen, führen wir folgendes durch:

Aktivitäten und Maßnahmen

  1. Mobilisierung weiterer Unternehmen: Wir organisieren Webinare und führen bilaterale Gespräche mit (Textilbündnis-)Unternehmen, um für die Bedeutung von ungehindertem Zugang für Gewerkschaften wie TTCU und die Unterzeichnung von verbindlichen Abkommen nach dem Vorbild des Dindigul Agreements zu werben und die Unternehmen von einer Unterzeichnung zu überzeugen.
  2. Aufsetzen und Unterzeichnen einer weiteren rechtsverbindlichen Vereinbarung: Gemeinsam mit den Partnerorganisationen entwirft FEMNET ein Proto-Abkommen, welches die Prinzipien des Dindigul-Abkommens auf den deutschen und europäischen Kontext (wie zum Beispiel das Lieferkettengesetz) anpasst. Dieses Abkommen soll von mindestens einem Unternehmen des Textilbündnisses unterzeichnet und das Agreement dadurch ausgeweitet werden.
  3. Bewusstseinsbildung und Unterstützung: Wir stärken durch strategische Treffen in Indien, durch Webinare sowie weitere Öffentlichkeitsarbeit das Bewusstsein von NGOs, Multi-Stakeholder-Initiativen (MSIs) sowie der breiten Öffentlichkeit für das Dindigul-Abkommen und die Erfolge, die es bisher bei der Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt in indischen Textilfabriken verzeichnet.

 

Auf einen Blick

- Themenbereich:
Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt am Arbeitsplatz
- Land:
Indien
- Laufzeit:
Oktober 2023 – Februar 2025
- Partnerorganisationen:
- Projektförderer:
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
- Projektverantwortliche:
Projektleitung
Luise Tegeler, FEMNET
- Downloads
Fortschrittsbericht: One year Dindigul Agreement (PDF)

Die Akteure

Die Bündnisinitiative wird finanziert durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Im Bündnis für nachhaltige Textilien arbeiten Wirtschaft, Zivilgesellschaft und die Bundesregierung gemeinsam daran, die Bedingungen in Textillieferketten sozial gerechter und umweltverträglicher zu gestalten. Neben ihren individuellen Aktivitäten und Verpflichtungen engagieren sich die Mitglieder in gemeinsamen Projekten in den Produktionsländern. 

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