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Frauen lächeln in die Kamera, während sie für Ihre rechte als Textilarbeiterinnen demonstrieren.

© FEMNET

Feministische Entwicklungspolitik: Einordnung des Strategiepapiers des BMZ

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit veröffentlichte im März 2023 sein Strategiepapier „Feministische Entwicklungspolitik – Für eine gerechte und starke Gesellschaft weltweit.“, nachdem es Anfang 2022 bereits Leitlinien zum Thema vorgestellt hatte. Diese hatte FEMNET kritisch kommentiert. Das neue Strategiepapier liefert nun weitere Aspekte, die zur Bekämpfung der Geschlechterungleichheit beitragen sollen. Können damit die Arbeitsbedingungen der Arbeiter*innen der Bekleidungsindustrie verbessert werden?

Ziel sei es, Frauen und Mädchen den gleichen Zugang zu Ressourcen zu ermöglichen wie Männern, und ungleiche Machtverhältnisse zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden entgegenzuwirken, heißt es in dem Papier, das Ministerin Schulze Anfang März vorstellte. Während die Leitlinien die Benachteiligung von Frauen und Mädchen insbesondere auf patriarchale und kulturelle Normen zurückführten, stellt das Strategiepapier eine weitere wesentliche Komponente ungleicher Machtverhältnisse in den Vordergrund: Die Folgen des Kolonialismus. Diese seien die Grundlage für verschiedene Diskriminierungsformen von Frauen und Mädchen. Gleichzeitig setzt sich das BMZ kritisch mit klassischen Rollenbildern auseinander. Diese klaren Aussagen über asymmetrische Machtverhältnisse zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden heben sich positiv vom ersten Entwurf der Leitlinien ab.

Gründe von Machtasymmetrien: Kolonialismus, Neoliberalismus und patriarchale Strukturen

Gleichzeitig lässt die Strategie wesentliche Abhängigkeitsverhältnisse, die sich aus der neoliberalen Globalisierung seit den 70er Jahren ergeben haben, außer Acht. Insbesondere mit Blick auf die Textilindustrie sind der Einfluss und die Macht multinationaler Konzerne von wesentlicher Bedeutung, wenn es um die schlechten sozioökonomischen Lebenssituation von Arbeiter*innen geht.

Auch wird die Verzahnung zwischen neoliberalen Wirtschaftsstrukturen und vorherrschenden patriarchalen Strukturen zu wenig in den Blick genommen. Weiterhin haben Frauen aufgrund ihrer sozialen Stellung weniger Zugang zu Bildung oder ökonomischen Ressourcen und sind im überwiegenden Maße für die Sorgearbeit zuständig. Ihre ökonomische Basis müssen sie sich aber häufig außerhalb ihrer familiären Strukturen ohne stabile Sorgestrukturen in einem unregulierten, kapitalistischen Arbeitsmarkt suchen. Da diese Arbeitsplätze aber keine dauerhafte Perspektive oder soziale Absicherung bieten, verschaffen sie den Frauen keine stabile Existenzgrundlage – weder in patriarchalen noch in kapitalistischen Strukturen.

In Bezug auf den FEMNET-Schwerpunkt der Textil- und Bekleidungsindustrie fällt auf, dass wenig konkrete Ansätze genannt werden, um die Arbeitsbedingungen der Textilarbeiterinnen zu verbessern. Auch ist es schwierig tiefsitzende patriarchale Machtverhältnisse zu transformieren, wenn entsprechende Maßnahmen in starre Projektplanungen passen müssen.

Vor diesem Hintergrund empfehlen wir nachdrücklich, die Strategie des BMZ zur feministischen Entwicklungspolitik in Hinblick auf unseren Arbeitsschwerpunkt Frauen in der Bekleidungsindustrie sowie Unternehmensverantwortung nachzubessern.

 

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